Aus Spekulationen wurde Ernst
Baumann über „Zufall“ und Gerücht bei Keïta: „Witzig, weil wir wussten: Das stimmt wirklich!“
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Sport-Geschäftsführer Frank Baumann hat tiefere Einblicke in den Transferpoker um Werder Bremens Top-Neuzugang Naby Keïta gegeben und verraten, wie die Grün-Weißen es geschafft haben, den Mittelfeldspieler von einem Wechsel an die Weser zu überzeugen. Der 28-Jährige kam nach fünf Jahren und 129 Einsätzen beim FC Liverpool ablösefrei – und war bislang der wohl überraschendste Bundesliga-Deal in diesem Sommer.
„Dass wir über einen Spieler wie ihn überhaupt nachgedacht haben, war Zufall. Wir konzentrieren uns vor allem auf Spieler, bei denen wir uns realistische Chancen ausrechnen“, erklärte Baumann im Interview mit „11Freunde“. „Naby gehört eigentlich nicht in diese Kategorie.“ Eigentlich. Der Manager erzählte, dass er „Anfang April“ mit dem Management von Niclas Füllkrug und Mitchell Weiser zusammensaß, um über neue Verträge für die beiden Profis zu sprechen. Einer der Berater der Agentur „Roof“ hätte beim anschließenden Durchgehen von möglicherweise interessanten Personalien für Werder Baumann gefragt, was er von Keïta halte.
„Ich antwortete: ‚Super Spieler, aber um den zu bezahlen, müssen wir erst mal eine Ölquelle an der Weser entdecken‘“, meinte Baumann, der für einen Top-Spieler nicht das Gehaltsgefüge sprengen wollte, „sonst stehen am nächsten Tag drei Leistungsträger bei mir auf der Matte und zeigen mir den Vogel. Und das zurecht. Aber in dem Gespräch kristallisierte sich immer stärker heraus, dass Naby wirklich dazu bereit sein könnte, auf Geld zu verzichten.“
Baumann erzählte, dass er von zwei Bundesligisten gewusst habe, die ebenfalls mit dem früheren Leipziger Profi sprachen. „Feststeht: Er hat nach einem Klub gesucht, bei dem er sofort eine tragende Rolle übernehmen kann. Und nach einem Ort, an dem ihm das Spiel wieder Freude bereitet.“ Daraus wird vorerst allerdings nichts: Keïta muss wegen einer muskulären Verletzung der Adduktoren mehrere Wochen aussetzen und verpasst somit auch den Bundesliga-Auftakt.
Werder Bremen bereitete sich akribisch auf Naby Keïta vor
Auf das nähere Kennenlernen mit dem potenziellen Neuzugang habe sich Baumann gefreut. „Es gibt Profis, die kommen zu den Gesprächen nach Bremen, aber ich habe den Eindruck, dass nur der Berater Interesse an dem Termin hat, nicht der Spieler. Die wirken gelangweilt, gucken aufs Handy, stellen keine Fragen. Aber als Naby uns dann gegenübersaß, habe ich sofort gemerkt, wie wichtig ihm das Treffen war.“ Der Profi sei vor einer Länderspielreise mit Guinea extra nach Bremen gekommen und habe eine zügige Entscheidung angekündigt. „Umso leidenschaftlicher haben wir in diesen zwei Tagen um seine Zusage gekämpft“, so der Manager.
Der angereiste Keïta wurde Baumanns Ausführungen zufolge mit einer Präsentation und „verschiedenen Videos“ emotional auf Werder eingestimmt. „Wir haben uns akribisch vorbereitet.“ Was schlussendlich zum Erfolg führen sollte. Viele Anhänger und die breite Öffentlichkeit glaubten bis kurz vor der Bestätigung des Deals eher an einen Witz als an eine bevorstehende Transfermeldung. Erst unmittelbar vor der Bekanntgabe wurde klar: Der SVW erhält beim international erfahrenen Keïta wirklich den Zuschlag.
Angefangen hatte alles mit einer Spekulation im Bremer Fanforum „Worum“, die auch in der Transfermarkt-Community diskutiert wurde. „Fast hätten wir es sogar geschafft, den Deal zu vermelden, noch bevor es überhaupt das Gerücht dazu gab. Aber wie das bei einem großen Verein so ist, irgendwann sickert immer etwas durch“, führte Baumann aus. Aus einer vermeintlichen Ente wurde allmählich etwas Ernstzunehmendes. „Aber für uns hier in Bremen war das schon witzig, weil wir ja wussten: Das stimmt wirklich!“