Bruun Larsen über BVB und Hoffenheim nach Burnley: „Kann endlich mein Potenzial abrufen“

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Ein Wort, welches zum Ende einer Premier-League-Spielzeit gerne und häufig verwendet wird, ist „Crunchtime“. Ob Luton Town, Nottingham Forest oder FC Burnley, sie alle eint dasselbe Ziel: Der Klassenerhalt. Bei Burnley hat sich in den letzten Wochen ein auch in Deutschland bekannter Spieler hervorgetan: Jacob Bruun Larsen, der beim BVB den Sprung in die Bundesliga schaffte, 2020 für 9 Millionen Euro zur TSG Hoffenheim wechselte, die ihn im vergangenen Sommer nach England verliehen hat. „Bezogen auf mich ist der wichtigste Fakt, dass ich zum ersten Mal in meiner Karriere verletzungsfrei bin und so endlich meine Leistungen und mein Potenzial abrufen kann“, sagt der Däne im Gespräch mit Transfermarkt und erinnert sich auch an seine Anfänge in Dortmund.

Leistungsdaten

J. Bruun Larsen Linksaußen

FC Burnley

Saison 23/24–
Alle Wettbewerbe

Spiele

35

Tore

7

Vorlagen

0

Als Bruun Larsen am 29. Spieltag zum Elfmeter im Spiel gegen den FC Brentford antrat und zum 1:0 traf, wusste er um die Bedeutung dieses Strafstoßes. Sein Treffer ebnete den Weg zum 2:1-Sieg. Zehn Spiele in Serie hatte der Aufsteiger nicht gewonnen und steckte hoffnungslos im Tabellenkeller. Mittlerweile hat der Verein wieder Hoffnungen. Der Rückstand auf Nottingham Forest und das damit verbundene rettende Ufer, Platz 17, beträgt nur noch zwei Punkte. Mit verantwortlich für die positive Entwicklung bei den Clarets ist auch Bruun Larsen. Zusammen mit Zeki Amdouni ist der Däne mit sechs Saisontreffern der Top-Torschütze der Weinroten. 

Bruun Larsen scheint angekommen zu sein, nicht nur in Burnley, sondern auch allgemein in seiner Karriere. Erstmals ist er in der Lage, sein komplettes Potential auf höchstem Level konstant abzurufen. „Seit der Winterpause arbeitet das Trainerteam und jeder einzelne Spieler noch härter an dem gemeinsamen Ziel Klassenerhalt. Wenn man sich unsere Partien anschaut, dann sieht man, dass über die vergangenen Monate viel zusammengewachsen ist. Wir agieren konstanter, wir haben eine bessere Mentalität und vor allem der Glaube daran, in der Liga bleiben zu wollen, ist ungebrochen. Generell haben wir in Burnley sehr gute Bedingungen und das zeigt sich momentan auch in Bezug auf die ganze Mannschaft“, betont Bruun Larsen.

Ex-BVB-Talent Bruun Larsen: „Das hieß jeden Tag vier bis fünf Stunden Deutsch lernen“

Sein Potenzial, welches ihm bereits zu Beginn seiner Karriere nachgesagt wurde, sorgte in der Saison 2014/15 dafür, dass Borussia Dortmund auf den damaligen Jugendspieler vom Lyngby FC aufmerksam wurde. Dem damals 16-Jährigen fiel der Schritt, ganz alleine ohne Familie in ein für ihn fremdes Land zu gehen, alles andere als leicht. So brauchte Bruun Larsen einige Zeit, um wirklich anzukommen. „Ich bin vom Typ her jemand, der offen an Neues herangeht, der auch offen auf fremde Menschen zugeht, aber dafür ist die jeweilige Landessprache wichtig. Die ersten Monate in Deutschland waren sehr hart, auch weil Deutsch eine schwere Sprache war und ist. Was ich dem BVB bis heute hoch anrechne: Dass der Verein neben der sportlichen Ausbildung auch auf eine gute schulische Ausbildung setzt. Vom ersten Tag an habe ich Deutschunterricht bekommen, das hieß jeden Tag vier bis fünf Stunden Deutsch lernen“, erinnert er sich schmunzelnd. 

Das wirkliche Ankommen gelang ihm erst in der U19, hier aber mit deutlichem Nachdruck. In 49 Partien erzielte er 31 Tore und legte 26 weitere auf. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verantwortlichen der Borussia davon überzeugt, dass sie ein Talent in ihren Reihen halten, das langfristig das Zeug dazu hat, Stammspieler bei den Profis zu werden. So durfte das damalige BVB-Talent noch unter Jürgen Klopp am Training der ersten Mannschaft teilnehmen. „Als junger Spieler bist du natürlich extrem nervös, weil du die Profis und Jürgen Klopp nur aus dem TV kennst. ‚Kloppo‘ hat mit seiner Art dafür gesorgt, dass du dich direkt wohlgefühlt hast. Bei der ersten Übung hat mich Sebastian Kehl quasi an die Hand genommen und ich habe mit ihm Passübungen absolviert. Wenn ich zurückblicke, wie Sebastian Kehl mit uns jungen Talenten umgegangen ist, sowohl auf dem Platz als auch neben dem Platz, kann man nur sagen, er war ein absoluter Vorbild-Kapitän“, sagt der 25-Jährige.

Auch von einem anderen Spieler zeigt er sich beeindruckt: „Für mich war Marco Reus absolute Weltklasse. Ich habe versucht, mir ganz viel von ihm abzuschauen. Wie er sich in der Kabine und auf dem Platz verhält, wie er Flanken schlägt, wie er Pässe spielt. Er hat mir auch direkt gesagt, wenn er im Training oder im Spiel ausflippt, dann soll ich mir keine Gedanken machen, ob ich etwas falsch gemacht habe, er braucht das, um sich hoch zu pushen.“

Leistungsdaten

J. Bruun Larsen Linksaußen

Borussia Dortmund

Gesamte Leistungsdaten–
Alle Wettbewerbe

Spiele

41

Tore

3

Vorlagen

5

Einen wichtigen ersten Schritt auf seinem Weg gelang Bruun Larsen als er erstmals für die Profis zum Einsatz kam. In der zweiten Runde des DFB-Pokals 2016/2017 durfte der Flügelspieler gegen Union Berlin in der Startelf debütieren, zeigte ein starkes Spiel und war sogar dafür verantwortlich, dass sein Team zwischenzeitlich in Führung ging. „Ich habe es tatsächlich erst am Spieltag erfahren, dass ich spielen werde. Selbst der Kaderplatz wäre für mich schon ein Erfolg gewesen. Als mir mitgeteilt wurde, dass ich in der Startelf stehe, wurde mir plötzlich ganz schlecht, schwindelig und das Adrenalin ist durch den ganzen Körper geflossen. Ich habe direkt meine besten Freunde angerufen, die sich sofort aus Dänemark auf den Weg gemacht haben, um bei meinem Debüt dabei zu sein.“ 

Zorc hat sein Wort gehalten, ist ins Krankenhaus gekommen und ich habe vor Ort meinen Vertrag unterschrieben

Verantwortlich für das Debüt war Thomas Tuchel, von dem der Däne bis heute schwärmt: „Was mich vom ersten Tag an ihm begeistert hat, war die Fähigkeit, komplizierte Dinge sehr einfach zu erklären. Er sagt dir genau, was er von dir verlangt. Die Aussagen, Thomas Tuchel kann nicht mit jungen Spielern zusammenarbeiten, empfinde ich als völligen Quatsch. Natürlich ist Thomas keiner, bei dem alles gemütlich und harmonisch im Training abläuft, aber, wenn er sieht, dass du dich als junger Spieler entwickelst und dass du willst, dann pusht er dich und nimmt sich extra Zeit, um dich voranzubringen. Für mich ist Thomas Tuchel ein Top-Trainer.“

Marktwert

J. Bruun Larsen Linksaußen

3,00 Mio. €

Auf dem Weg, sich im Profikader festzubeißen, wurde Bruun Larsen von einem Ermüdungsbruch und einer Knieverletzung ausgebremst. „Die Verletzung kam zur absoluten Unzeit, weil ich unbedingt mit meiner damaligen U19-Mannschaft das Finale um die deutsche Meisterschaft spielen wollte. Das hat mir so wehgetan, dass ich vor Trauer und Frust geweint habe. Die Anfangszeit war schlimm, weil mir keiner sagen konnte, wie lange ich wirklich raus bin. Erst hieß es ein paar Tage, dann ein paar Wochen, am Ende waren es wenige Monate. Zu dieser Zeit ging es auch um meinen Profivertrag, aber Michael Zorc hat sein Wort gehalten, ist ins Krankenhaus gekommen und ich habe vor Ort meinen Vertrag unterschrieben. Das zeigt die Menschlichkeit, die in diesem Verein herrscht“, sagt er.

Bruun Larsen blickt zurück: „Für meine Entwicklung war auch Terzic wichtig“

Es dauerte bis zur Spielzeit 2018/2019, ehe der Stern von Bruun Larsen beim BVB richtig aufging. Unter dem damaligen Cheftrainer Lucien Favre kam der Außenbahnspieler wettbewerbsüberreifend in 30 Partien zum Einsatz und sammelte sechs Scorerpunkte. Besonders an sein Debüt in der Champions League und jene Spielzeit erinnert sich Bruun Larsen gerne zurück: „Während der Partie realisierst du gar nichts, du blendest alles aus. Erst auf dem Weg nach Hause ist mir wirklich bewusst geworden: Ich habe jetzt zum ersten Mal Champions League gespielt. Das ist etwas, wovon du alles kleines Kind träumst und worauf du als Jugendspieler hinarbeitest. Wir haben eine wirklich geile Saison gespielt, leider haben wir uns nicht mit einem Titel belohnt. Der Teamspirit war überragend, auf menschlicher Ebene hat jeder auf den anderen geachtet. Lucien Favre war der Gentleman-Trainer. Er hat wenig geredet, wenn er etwas gesagt hat, hat er seine Sätze mit Bedacht gewählt. Für meine damalige Entwicklung war auch Edin Terzic wichtig. Unter der Woche haben wir immer viele Einzelgespräche und Videoanalysen durchgeführt. Ich bin beiden sehr dankbar.“

Aus verschiedensten Gründen entscheidet sich der Däne zur Saison 2020/2021 für einen 9 Mio. Euro teuren Wechsel nach Hoffenheim. Das Ziel, das Bruun Larsen im Kraichgau verfolgt, ist klar: Den nachhaltigen Durchbruch in der Bundesliga schaffen, doch diesen Wunsch konnte er sich auch aufgrund einer Vielzahl von Trainerwechseln bis dato nicht erfüllen. In England sieht es anders aus. Im Sommer ließ sich der 25-Jährige zum Premier-League-Aufsteiger FC Burnley verleihen. Verantwortlich für den Wechsel war Cheftrainer Vincent Kompany, mit dem Bruun Larsen schon während seiner Leihstation in Anderlecht zusammenarbeitete. 

Mitarbeiter

V. Kompany Alter: 38

FC Burnley

Saison 23/24 -
Alle Wettbewerbe

Spiele

41

Gewonnen

7

Unentschieden

9

Verloren

25

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hat sich der Däne gefangen und gehört besonders in der Rückrunde zu den absoluten Leistungsträgern. Sechs Tore erzielte der Flügelspieler wettbewerbsübergreifend. Seine Stärken, wie das Eins-gegen-eins im Dribbling, den Antritt und das hohe Tempo sowie seine Variabilität kommen in der Mannschaft zum Tragen. „Ich bin heute reflektierter als vor ein paar Jahren. Ich weiß, um Erfolg zu haben, muss ich mir die Unterstützung von Experten holen. So arbeite ich seit einem Jahr mit einem eigenen Koch, einem eigenen Athletiktrainer sowie einem Mentaltrainer zusammen. Selbst auf vermeintliche Kleinigkeiten, wie den richtigen Schlaf, achte ich noch mehr. Ich habe mir bewusst gemacht, wenn ich absolute Top-Leistungen bringen möchte, müssen die Nuancen und Rahmenbedingungen stimmen. Meine Leistungen sind auch auf das Vertrauen von Vincent Kompany zurückzuführen. Er erkennt meine Stärken und setzt sie entsprechend ein. Ich erhalte auf dem Flügel die Freiheiten, die ich brauche und versuche das Vertrauen in Leistungen umzusetzen“, sagt Bruun Larsen.

Bruun Larsen hofft, sich mit seinen Leistungen in den Fokus des dänischen Nationaltrainers Kasper Hjulmand zu spielen: „Wenn du Fußball spielst, ist das größte Ziel mit der Nationalmannschaft an einer Europa- oder Weltmeisterschaft teilzunehmen. Klar, wäre es die Erfüllung eines Traums, wenn ich im Sommer dabei sein könnte. Jedoch liegt mein Fokus jetzt absolut auf dem Klassenerhalt mit Burnley!“ An den verbleibenden drei Spieltagen trifft man auf Newcastle United, auswärts auf Tottenham, ehe Nottingham Forrest am 19. Mai zum Abstiegsduell das Turf Moor besucht (zum Premier-League-Restprogramm). Bruun Larsens Vertrag mit der TSG ist bis zum 30. Juni 2025 datiert.

Interview: Henrik Stadnischenko