05.10.2023 - 10:25 | Quelle: dpa/TM | Lesedauer: unter 4 Min.
FIFA-Council
Gianni Infantino
Auch TM-Community diskutiert 

Kritik an FIFA-WM 2030: „Teufelskreis der Zerstörung“, „Irgendwann auf Mount Everest“

FIFA für WM 2030 in der Kritik: „Teufelskreis der Zerstörung“
©IMAGO

Für FIFA-Boss Gianni Infantino ist die Mega-WM 2030 auf drei Kontinenten „ein globaler Fußabdruck“. Die Begeisterung wird nicht überall geteilt und auch in der TM-Community kontrovers diskutiert. Fest steht: Das Council des Weltverbandes hat mit seiner überraschenden Entscheidung, die vom Kongress noch bestätigt werden muss, für ein Novum im Fußball gesorgt.



Auch RB Leipzigs Trainer Marco Rose reagierte nach dem 1:3 in der Champions League gegen Manchester City mit Unverständnis auf die bevorstehende Vergabe an sechs Länder auf drei Kontinenten: „Wir schrauben und schrauben und schrauben und lassen uns nochmal was einfallen. Irgendwann spielen wir auf dem Mount Everest, weil wir da einen Fußballplatz hingezaubert kriegen und man das vermarkten kann“, sagte der 47-Jährige. „Es sieht so aus, als wären wir noch nicht am Ende, was das Schrauben betrifft. Ich finde es schade, vielleicht sogar albern. Es war bis jetzt immer gut, wenn sich ein Land auf eine WM gefreut hat und man ein Fest daraus gemacht hat.“


„Die FIFA setzt ihren Teufelskreis der Zerstörung gegen das größte Turnier der Welt fort. Für die Fans schrecklich, missachtet die Umwelt und rollt einem Gastgeber für 2034 mit einer erschreckenden Menschenrechtsbilanz den roten Teppich aus. Es ist das Ende der Weltmeisterschaft, wie wir sie kennen“, kommentierte derweil die Vereinigung europäischer Fußballfans „FSE“ die FIFA-Maßnahme via „X“ (vormals Twitter).



TM-User „Chris_15“ attestiert: „Für mich ist das eine Farce. Wenn man so viel Wert auf die geschichtliche Bedeutung legen würde, dann würde man Südamerika nicht nur symbolisch drei lächerliche Gruppenspiele geben. Das ist ein Witz! Ich glaube eher, dass sich hinter dieser Entscheidung wieder einmal schöne politische Motive verbergen. So hat Infantino eben das perfekte Argument und wahrscheinlich auch die Legitimation zu sagen, dass die WM 2034 in Asien – genauer Saudi-Arabien – stattfinden muss. Alle anderen Kontinente sind quasi raus.“


Auch TM-Community diskutiert über FIFA-Vergabe für WM 2030


In die gleiche Kerbe schlägt der User „Xabbu“: „Die FIFA hat doch mit der Vergabe alles erreicht, was man wollte. 2026 WM in Nordamerika, 2030 WM in Südamerika, Afrika und Europa. Dann kann man für 2034 ja wieder Asien als Kontinent wählen. Da wird sich doch sicher ein tolles Land finden. *Ironie aus*.“


Hintergrund: Die FIFA hat bereits festgelegt, dass sich nur Vertreter aus Asien und Ozeanien für 2034 bewerben dürfen. In Ozeanien wäre wohl nur Australien ein Kandidat, allerdings finden 2032 bereits die Olympischen Sommerspiele in Brisbane statt. In Asien könnte China ein derartiges Turnier zwar ausrichten, dort ist allerdings die Fußball-Begeisterung stark zurückgegangen. Japan und Südkorea waren bereits 2002 Gastgeber, für das aufgrund der Nichtbeachtung grundlegender Menschenrechte in der Kritik stehende Land Saudi-Arabien scheint der Weg zur Austragung 2034 entsprechend geebnet.



Die asiatische Fußball-Konföderation AFC hatte die FIFA-Richtlinien öffentlich begrüßt und unterstützt eine Bewerbung Saudi-Arabiens. „Die gesamte asiatische Fußballfamilie wird gemeinsam die bedeutsame Initiative des Königreichs Saudi-Arabien unterstützen, und wir sind bestrebt, eng mit der globalen Fußballfamilie zusammenzuarbeiten, um ihren Erfolg sicherzustellen“, wurde AFC-Präsident Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa in einer Mitteilung zitiert.


Das Eröffnungsspiel der WM 2030 findet in Uruguay statt, zwei weitere Spiele folgen in Argentinien und Paraguay. Der Rest des Turniers mit 101 Partien wird dann aber in Marokko, Spanien und Portugal ausgetragen. Infantino hatte am Mittwoch verkündet, die gastgebenden Länder würden die Welt vereinen, „während sie gemeinsam den Fußball, das 100-jährige Jubiläum und die FIFA-WM feiern.“ 


Für Fans bedeutet das aber auch: Im schlechtesten Fall muss ein Team Spiele in Südamerika, Europa und Afrika austragen. Das sorgt für zeitintensive und teure Reisen. Fraglich ist auch, ob bei diesen großen Distanzen eine wirkliche Fußball-Atmosphäre in den Ländern aufkommt. Und auch die Mannschaften stehen vor einer logistischen Herausforderung, gerade was die Quartier-Frage betrifft. Vor allem die sechs Teams, die zunächst in Südamerika ranmüssen, haben eine knifflige Aufgabe vor sich.



Weiterere Kritikpunkte, die im Rahmen der FIFA-Verkündung laut wurden, sind das Klima und die Umwelt: In Katar hatte die FIFA damit geworben, dass die Endrunde 2022 klimaneutral sei. Dafür erhielt sie eine Rüge von der schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK), nachdem es mehrere Beschwerden gegeben hatte. Die FIFA habe den „falschen und irreführenden Eindruck erweckt“, die WM in Katar sei bereits vor und während des Turniers klima- und CO2-neutral gewesen, monierte die Kommission. Dabei hatte das Turnier in Katar noch auf engstem Raum stattgefunden. Das ist nun anders. Allein die langen Reisen für Fans und Teams dürften der Umwelt kaum zugutekommen.


So oder so: Die Geldmaschine läuft für die FIFA weiter. Bis 2026 wird mit Einnahmen in Höhe von mindestens elf Milliarden US-Dollar gerechnet. Weniger wird es danach garantiert nicht. Schließlich wird die WM ab 2026 mit 48 statt 32 Teams ausgetragen. Und Saudi-Arabien wird mit Aussicht auf einen WM-Zuschlag sicher weiter massiv in den Fußball investieren. 2023 findet dort bereits die Klub-WM statt.


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Letzte Beiträge Newsforum

Walloschke_B Holstein Kiel Walloschke_B 07.10.2023 - 13:38
Worum es Infantino geht ist logisch. Südamerika hat seine WM nun, mit lächerlichen drei Spielen. Damit ist der Weg frei für Saudi-Arabien.
Das ist echt Verarschung. Südamerika wird übergangen, abgespeist. Länder mit so viel Tradition, Begeisterung, Fankultur. Für eine schnelle weitere Wüsten-WM.
Korrekterweise hätte S-A 2038 konkurrieren müssen.
Sehr durchschaubar. Und widerlich. Es wird ja immer dreister. Vergaben waren nie koscher. Das liegt in der Struktur der FIFA begründet. Aber sie müssen immer noch einen draufsetzen.

Die Winter-WM 2034 in Saudi-Arabien werde ich mir nicht ansehen. Es sei denn, das Regime dort hat bis dahin aufgehört zu morden. Dann denke ich eventuell drüber nach.
micha774 1.FC Union Berlin micha774 06.10.2023 - 04:33
Und Neuendorf hat für den DFB zugestimmt.

Absolut unglaubwürdig geworden der Mann!
Noergelgnom Daring-Club Echternach Noergelgnom 06.10.2023 - 01:14
Zitat von thonima

Zitat von Fohlen1980

Keine Frage, Infantino ist sicherlich Gift für den Fußball, aber der größte Witz sind die öffentlich rechtlichen. Bezahlen dann eh wieder Unsummen für die Übertragungsrechte, nur um im gleichen Atemzug etliche Dokus zu drehen, warum die WM in dem jeweiligen Land sehr schwierig ist aufgrund der dort ignorieren Menschenrechte. DAS ist der wahre Populismus.


Da ist wieder der "So einfach ist das - Mann" unterwegs.
Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk hat einen sehr klaren Auftrag, nämlich die Grundversorgung der deutschen Bevölkerung mit Informationen zur Teilhabe an einer demokratischen Meinungsbildung - vereinfacht ausgedrückt.
Dazu gehört eben auch Sport. Von Olympia bis Fussballweltmeisterschaft (theoretisch wäre da auch die CL/EL einbegriffen) je nach Größe der Sportart.
Das ganze muss allerdings "sozialverträglich" finanziert werden, was bedeutet es darf nicht beliebig viel kosten, da beliebige Steigerungen des Beitrags nicht einfach durchgesetzt werden dürfen. Deswegen gibt es um diese Steigerungen im niedrigen Prozentbereich (seit 2013 ist die Abgabe um 0,38€ gestiegen) sogar noch ein Riesentrara.

Das heißt es gibt für den ÖRR kein "wir wollen die Rechte nicht", sofern die Rechte nicht exorbitant im Preis steigen - berichten muss der ÖRR sowieso.
Wenn man also sowieso Rechte kaufen muss, egal ob das Turnier in Nordkorea, Russland oder den Faröer-Inseln stattfindet, bleibt dem ÖRR nur dieses Turnier mit weiteren Informationen (siehe Auftrag des ÖRR) aufzuarbeiten - also Dokumentationen über das Land, die Menschen, die Politik und damit den Zusehenden zu ermöglichen sich selbst ein Bild zu machen.

Das hat absolut gar nichts mit Populismus zu tun.



Wenn Du Dich schon so weit aus dem Fenster lehnst, hätte ich gern eine Quelle, die belegt, dass der Erwerb der Live (!)-Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen wie die Fussball-WM zwingend durch den Auftrag des ÖR begründet ist.
Würde mich wundern, wenn es da belastbare Quellen gibt.

Oder hat es Anzeigen und Klagen wegen Verstoßes gegen den ÖR-Auftrag gegeben, als die ÖR die Tour de France nicht mehr live begleitet hat? rolleyes
Nein. Und Du sagst es ja in der Klammer auch selbst: ("theoretisch wäre da auch die CL/EL einbegriffen"). Das heißt, Dir ist auch selbst bewußt, dass es Unsinn ist und die ÖR sehr wohl eine Wahl haben, WIE sie berichten.
Nichtmal die Bundesliga ist verpflichtend für ARD/ZDF.
Siehe die Zeiten, als "ran" die Rechte hielt und in der "Sportschau" Stunden später sogar nur noch ein paar flüchtige zusammengefaßte Zusammenfassungen liefen.

Es gab und gibt nur einen Grund, Live-Übertragungsrechte für sportliche Ereignisse zu erwerben, statt einfach die Ergebnisse in der Tagesschau vorzulesen: Quote.
Und deren Einhaltung steht in keinem Auftrag, sondern nur in der internen Zielsetzung der Sender.

Und DAS wiederum heißt: wenn die ÖR wollen, können sie die Liveübertragung der Fussball-WM genauso einstellen wie die der Tour de France.

Populismus braucht man für diese Erkenntnis allerdings wirklich keinen.
Autor
uchterjung
Thomas Deterding
TM-Username: uchterjung

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