Magath als unberechenbares Experiment: Herthas letzter Retter-Coup scheiterte krachend
Die Öffentlichkeit staunte nicht schlecht über den neuen Mann, der bei Hertha BSC das Ruder noch einmal herumreißen sollte. Dreimal Deutscher Meister, dreimal DFB-Pokalsieger, dazu Europameister 2004. Die Erfolge sprachen für sich, wenngleich sie aus einer anderen Zeit zu kommen schienen. Der Sturz auf Platz 15 erforderte Kreativität, aber mit dieser Wahl hatte wirklich keiner gerechnet. „Ich bin sicher, dass das die richtige Maßnahme ist“, erklärte der Sportchef der Berliner. Dieser hieß vor ziemlich genau zehn Jahren nicht Fredi Bobic, sondern Michael Preetz. Und der vorgestellte Retter nicht Felix Magath, sondern Otto Rehhagel.
Hertha hat Erfahrung mit Sensations-Transfers auf der Trainerbank. Nach Markus Babbel, Fünf-Spiele-Coach Michael Skibbe und den Ein-Spiel-Aushilfen Rainer Widmayer und René Tretschok durfte im Februar 2012 der Nächste auf der Trainerbank Platz nehmen. „Otto Rehhagel ist eine Ikone, wir freuen uns auf ihn. Wir brauchen hier jemanden, der die Ruhe und die Erfahrung hat“, meinte Tretschok. Und der inzwischen 73 Jahre alte Rehhagel betonte die „schwierige, schwierige Aufgabe“. Man werde „das schaffen, aber nur gemeinsam. Unnötige Kriegsschauplätze müssen alle außen vor bleiben.“ Der allerletzte Schuss bei Hertha musste sitzen – doch er saß nicht, der Versuch ging krachend in die Hose. Die Berliner schafften es zwar in die Relegation, scheiterten dort aber unter turbulenten Umständen an Fortuna Düsseldorf. Rehhagels Bilanz auf seiner allerletzten Trainerstation: drei Siege, drei Remis und acht Niederlagen, die im Abstieg mündeten.
Magaths Inthronisierung hat etwas von Déjà-vu. „Mich erinnert diese Verpflichtung (…) sehr an die Rehhagel-Verpflichtung damals. Ein Mann mit großer Vita im Fußball, aber schon länger aus dem operativen Geschäft raus. Da zweifle ich (...) sehr an seiner Vorgehensweise, ob das noch so zeitgemäß ist. Aber man hat nichts unversucht gelassen. Wenn wir dann in die 2. Liga runter gehen, kann man das nicht Quälix ankreiden“, erinnert sich TM-User und Hertha-Anhänger „Kalla89“. Der 68-Jährige ist die letzte Hoffnung des eigentlich selbst als Hoffnungsträger verpflichteten Sport-Geschäftsführers Fredi Bobic. Der beim Hauptstadtklub mit mehr Baustellen zu kämpfen hat, als Rehhagel sie schon damals haben wollte: Verdienter Sturz auf einen Abstiegsplatz, Riesenstress mit Investor Lars Windhorst, verbrannte Millionen, ein Trainer-Aus nach dem anderen mit Jürgen Klinsmanns Facebook-Rücktritt als „Höhepunkt“ – die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.
Es sieht derzeit vieles nach dem ersten Abstieg seit einem Jahrzehnt aus, weil der Klub alles dafür tut, wie der HSV, Schalke und Werder Bremen im Unterhaus zu enden. Und nun Retter Magath. Quälix. Medizinbälle. Schleifer. Kann das auch nur ansatzweise funktionieren? BSC-Fan „Starslayer“ reagierte im TM-Forum jedenfalls entsetzt: „Unterm Strich geht es mir gerade wie bei der Vorstellung von Korkut, ich weiß nicht, ob ich lachen oder heulen soll. Schalke hatte damals Gross aus dem Hut gezaubert und wir nun Magath. (…) Eigentlich spielt es doch keine Rolle, wer uns in die 2. Liga bringt.“
Magaths letzte Trainerstation: Vor über vier Jahren bei Shandong Taishan
Fernab von deutlich in die Jahre gekommenen Trainingsmethoden lässt ein Blick in die Transfermarkt-Datenbank große Zweifel an der Erfolgsaussicht aufkommen. Magath coachte zuletzt bis Ende 2017 Shandong Taishan, holte immerhin 1,49 Punkte pro Partie und führte den chinesischen Klub mit Spielern wie Papiss Demba Cissé oder Graziano Pellè auf den sechsten Tabellenplatz. „Durch die neuen Herausforderungen konnte ich meinen fußballerischen Horizont erweitern“, sagte Magath danach. In der Bundesliga war sein zweiter Versuch beim VfL Wolfsburg mäßig verlaufen, nach dem geglückten Klassenerhalt 2010/11, aber nur 18 Siegen aus 52 Partien war im Oktober 2012 Schluss. Der FC Fulham stieg unter ihm als Tabellenvorletzter 2014 ab, in der Championship trennten sich nach einem Umbruch und sechs Pleiten aus sieben Partien die Wege. Zuletzt beriet er die Würzburger Kickers.
Gisdol, Farke & Co. Alle verfügbaren deutschen Trainer Zur Übersicht Für den sportlichen Krisenherd Hertha BSC wird das nicht ausreichen. Magath hat gewiss große Verdienste und wird als einer der erfolgreichsten Bundesliga-Trainer der Historie in Erinnerung bleiben. Es sind Erfolge, die jedoch aus einer anderen Zeit stammen. Das unberechenbare Experiment bei den zerrütteten Berlinern wird – nicht anders kann die von Bobic getroffene Wahl bezeichnet werden – mit riesiger Aufmerksamkeit verfolgt. Die Vorstellungskraft, dass ein Wunder geschieht, reicht kaum aus. Ein abstiegskampferfahrener Trainer wie Markus Gisdol wäre nach seinem Rücktritt bei Lokomotiv Moskau auf dem Markt und ein naheliegender Entschluss gewesen. Bobic versuchte es nach Transfermarkt-Informationen, erhielt eine Absage und nahm stattdessen die Sensations-Variante mit Magath, macht sich selbst angreifbar, sollte auch dieser Versuch scheitern. Auch Tayfun Korkut war drei Jahre ohne Trainerjob, lieferte zu Beginn und blieb danach ohne jedes Glück. Eine Garantie, dass er die Herthaner rettet, kann gewiss kein Übungsleiter liefern. Kein Gisdol, kein Magath, kein Mister X.
Community Alle Themen rund um Hertha BSC Jetzt mitreden! Sieht TM-User und Hertha-Fan „Martinsson91“ ähnlich: „Gar nicht so uninteressant, dieser Move. Magath blockiert den Trainerposten für den Sommer nicht und macht den Jungs vielleicht noch mal richtig Feuer unterm Hintern. Eine perfekte und realistische Lösung hätte es auf den Markt eh nicht gegeben.“ Auch „Prince_2013“ meint: „Kann ich mit leben, besser als Experimente à la Klose oder die üblichen Verdächtigen wie Gisdol, Funkel, Bruno (Labbadia; d. Red), Beierlorzer und Co. Es sagt uns einfach nur, dass kein renommierter Coach hier aufschlagen möchte. (…) Zu verlieren haben wir eh kaum noch was, von daher auf gut Glück.“ Und „ZeroGrabbity“ gibt zu bedenken: „Wer hätte denn kommen sollen? Niemand tut sich das freiwillig an. Magath hat nachgewiesene Fähigkeiten. Ich erwarte kein Tiki Taka, die Chance Fußball zu spielen war unter Korkut da. Da hat die Mannschaft eigentlich gar nichts geliefert. Jetzt wird halt acht Spiele Fußball gearbeitet, zu verlieren haben wir als Verein fasst nichts mehr. Ich freue mich tatsächlich auf die restlichen Spiele und bin gespannt was da so kommt.“
Was aber spricht konkret für Magath, den die ARD im April 2007 versehentlich schon einmal zum neuen Hertha-Trainer gekürt hatte? Neben dem gewaltigen Überraschungsfaktor die Tatsache, dass Magath keineswegs überredet werden musste, weil er Bock auf die Aufgabe hat. „Ich habe mein ganzes Leben nichts anderes gemacht als Fußball. Deshalb ist es für mich ein Riesenproblem, loszulassen. Ich liebe den Fußball“, sagte er kürzlich in einem „Kicker“-Interview. Und: „Ich habe alles erlebt und einen Erfahrungsschatz wie kaum ein anderer. Ich weiß, wie der Fußball funktioniert, weil ich in allen Ligen gespielt, in verschiedenen Positionen und Klubs gearbeitet habe. Ich weiß, was ich kann – und dass ich noch in der Lage bin, Profiklubs zu helfen. Vor 100 Jahren war man mit 68 scheintot. Heute ist das anders. Ich kann noch etwas geben, ob es 1. oder 3. Liga ist.“ Er wolle wieder eine Aufgabe als Trainer und diese aus Überzeugung annehmen. Bobic hat sich offenbar an Magaths Sätze erinnert.
Geht Hertha-Retter Magath mit der Zeit? – „Mentalität schlägt Talent“
Zudem scheint Magath verstanden zu haben, dass sich die Anforderungen im modernen Fußball gewandelt haben. „Zu meinen Anfängen gab es kein Gym, keine Geräte für 10.000 Mark oder Euro, sondern den Medizinball, sonst nichts. Ich habe das Machbare gemacht – zum jeweiligen Zeitpunkt, nicht mit Blick auf eine Bewertung zehn Jahre später“, so die Trainerikone. Vielleicht macht man es sich also zu einfach, wenn man ihn vorverurteilt und in die immergleiche Schublade steckt, die für ihn seit Jahrzehnten vorgesehen ist. Er habe immer Spieler entwickelt. „Nicht alle, aber fast alle erreichten unter meine Führung ihren Zenit.“ Sein Grundsatz bleibt davon unberührt: „Mentalität schlägt Talent.“
User-Zitat:
bsc36
schrieb im Forum:
Hertha BSC -
Felix Magath
Eins ist klar: Quälix wird den Jungs Beine machen, dabei geht’s nicht um Fitness, sondern um die jetzt nötige Härte und Einstellung.
Was Taktik und Positionsbesetzung angeht, kann er es nur besser machen als Korkut.
Ich freue mich drauf und habe das erste mal wieder Hoffnung, doch nicht abzusteigen! ...
Hertha-Fan „SerbCon“ ist insgesamt „verhalten optimistisch, dass Magath jedenfalls ein echtes Team und Grundtugenden zurück auf den Platz bringen wird. Was er in der Kürze der Zeit noch schafft, wird man sehen, aber unter all den Namen, die so kursierten, finde ich ihn noch vollkommen okay. Die lange Abstinenz macht mir auch ein wenig Sorgen, auf der anderen Seite muss das nichts heißen.“ So oder so: Magath bei Hertha BSC wird das spannendste Abenteuer der Bundesliga seit vielen Jahren!
Von Philipp Marquardt (PhilippMrq)
Letzte Beiträge Newsforum
Wieso diese ganze Kritik ?
Weil jetzt der Schleifer kommt?
Magath hat ja im Trainergeschäft über Jahre bewiesen , dass er was kann - neben Rettungsaktionen vor dem Abstieg hat er zudem einige Meistertitel geholt, zum Teil auch mit Teams wie zb Wolfsburg wo absolut niemand mit gerechnet hat - also fachlich würde ich ihm nichts absprechen - da zieht auch das Argument mit der aktuellen Spielergeneration für mich nicht - und dass sich der Fußball weiterwentwickelt hat? Magath ist ein paar Jahre raus aus dem Geschäft, hat aber keine 30 oder 40 Jahre verschlafen wie es manche User hier darstellen.
Menschlich .....ja gut okay, er hält wahrlich viel von sich selbst, kann sicherlich nicht gut mit Kritik umgehen und ist schwierig.
Aber wer war sonst auf dem Markt der es besser machen soll? Und ganz ehrlich, allein wie rege hier diskutiert wird zeigt doch, dass ein Name wie Magath die Gemüter erhitzt, einer der alten Granden, einer über den jeder eine Meinung hat und jemand der polarisiert - was will Fußballdeutschland mit dem nächsten langweiligen Kohfeldt Klon, der es auch nicht unbedingt besser machen würde, nur weil er jünger ist und den neuesten Laptop statt der Medizinbälle nutzt.
Die Aufgabe wird schwierig, aber ob es jetzt noch schwieriger wird weil sie Magath geholt haben bezweifel ich doch stark - bin gespannt wie es ausgeht und irgendwie freut es mich, dass ein Sprücheklopfer und Meister der alten Schule wie Felix den müden Laden Bundesliga nochmal aufmischt
Wer Magath und Kohfeld in einem Beitrag zusammen erwähnt, der hat den Fußball nie geliebt!
Was soll mir das sagen?
Ich hab Kohfeldt als Beispiel eines jungen "Laptoptrainers" gewählt - gerade in seiner Bremen Zeit ist dieser Begriff in Zusammenhang mit seinem Namen oft gefallen - und diese Kategorie Trainer unterscheidet sich nunmal von einem Trainer der "alten Schule" wie Felix Magath. Fakt
Inwiefern unterscheiden sich denn die beiden? Phrasen dreschen können die zwei gut. Beide sind sehr von sich überzeugt-Magath vllt mehr als Kohfeld.
Bei den Titeln gehe ich noch mit. Nur ist das mit Bayern auch nicht schwer gewesen. Und 08/09 muss ich nur eines sagen: Klinsmann!
Dazu hatte Magath zu seinen Wolfsburger und Schalke Zeiten einen Seppo Eichkorn hinter sich, der als Assistenztrainer mit ihm zusammen die Taktik austüftelte. Als sich beide 2011 im Streit voneinander trennten, hat Magath auf seinen weiteren Stationen nicht mehr viel gerissen....
https://www.transfermarkt.de/felix-magath/profil/trainer/149
Hier ganz gut nachzulesen.
Wie gesagt: Ich freue mich für Felix. Allein vom Unterhaltungswert wird einem hier dann etwas geboten.
Sportlich sind die Zweifel aufgrund seiner langen Abwesenheit und den doch sehr aus der Zeit gefallenen Trainingsmethoden angebracht.
Ps: Den Unterschied zwischen Fakt und Behauptung musst du noch lernen.....
Man weiß aber doch zum Beispiel auch gar nicht, ob Magath in den letzten Jahren nicht in der Trainingstheorie dazu gelernt hat oder sich dahingehend weitergebildet hat, wer weiß....
letztendlich ist das hier Abstiegskampf, wo es vor allem um bedingungslose bereitschaft,Kampf und Motivation geht - das wird er vermitteln können, da bin ich sicher. Das Projekt umfasst 3 Monate, er soll da ja nichts aufbauen und einen Neuanfang machen, es geht nur um den Klassenerhalt.
Und yes, der Unterhaltungswert ist groß und das freut mich persönlich einfach, es gab zweifelsohne langweiligere Lösungen
Naja Magath machte auf der PK jedenfalls nicht den Eindruck, als ob er da eine Weiterbildung gemacht hat....
Gibt generell nur sehr wenige Trainer, die das im hohen Alter gemacht haben. Spontan fällt mir da auch nur Jupp Heynckes ein, der seine Leverkusen Zeit nutzte und sich nochmal komplett neu erfand.
Vorher war er ja eher ein ziemlich harter Typ, wenn man z.b. seine Frankfurter Zeit nimmt. Der große Probleme mit Stars hatte, ein Disziplin Fanatiker war und ähnliches.
Nimmst dann Leverkusen und Bayern, da konnte er dann hervorragend mit Vidal, Ribery, Robben etc umgehen. Auch war Menschenführung und Spielstil etwas ganz anderes.
Wie realistisch ist das aber beim Felix? Wohl eher gleich 0.
Wie gesagt: Kann klappen-aber ich habe große Bedenken.
Für Spielermotivation steht Magath nicht, wirklich nicht. Was dabei das "Hintern aufreissen" angeht: die Spieler haben alle ihren eigenen Karriereplan. Für die stehen im Sommertransferfenster schon Optionen im Raum, je nach dem ob sie mit dem aktuellen Team absteigen oder nicht. Das kann denen herzlich egal sein, ob Straftrainings-Einheiten drohen, sie können da nicht mitziehen und ihre Karriere geht trotzdem weiter. Mit den Methoden schaffst du keine "Einheit aus dem Kader", eher das Gegenteil.
Und das ist auch genau der Grund, warum das eigentlich nur schief gehen kann: Ein Trainer, der die Jungs bei ihrer Ehre packt, bringt jetzt vielleicht was. Einer, der aus dem letzten Jahrhundert stammt, seit Jahren nichts wesentliches als Trainer vorzuweisen hat und nun vermutlich einen auf typischen Magath macht wird nur erst Recht zum mentalen Abschied führen. Wäre ich Spieler und müsste mich entscheiden, ich würde zusehen, dass ich ohne großen Stress bis Saisonende durchkomme.
Vor Allem, wenn der Bobic auch noch mehr oder minder sagt, "leckt mich am Arcsh Jungs, ihr kriegt jetzt den Quälix". Dann würde ich als Spieler auch nur noch denken: "Wer zuletzt leckt, leckt am nussisgsten".
- Geb./Alter:
- 26.07.1953 (70)
-
Nat.:
- Akt. Verein:
- Vereinslos
- Aktuelle Funktion:
- Trainer
- Geb./Alter:
- 09.08.1938 (85)
-
Nat.:
- Akt. Verein:
- Karriereende
- Aktuelle Funktion:
- Trainer
- Gesamtmarktwert:
- 45,20 Mio. €
- Wettbewerb:
- 2. Bundesliga
- Tabellenstand:
- 9.
- Trainer:
- Pál Dárdai
- Kadergröße:
- 31
- Letzter Transfer:
- Bradley Ibrahim
18.05.2024 | 16:00 Uhr | Quelle: Transfermarkt
Bundesliga-Rückblick: Unsere Gewinner, Verlierer & Überraschungen der Saison
