Ex-Herthaner künftig für Nigeria
Torunarigha: „Würde jedem jungen Spieler zu einem Wechsel nach Belgien raten“
©TM/IMAGO
In der belgischen Jupiler Pro League spielen 13 deutsche Profis, der wertvollste von ihnen ist Jordan Torunarigha mit einem Marktwert von 5 Millionen Euro. Der ehemalige Verteidiger von Hertha BSC ist seit anderthalb Jahren bei der KAA Gent aktiv und zählte dort in der abgelaufenen Saison zu den Spielern mit den meisten Minuten. „Ich habe diese Saison sehr regelmäßig und auch sehr viel gespielt. Das war sehr gut für mich, da es in den Jahren davor nicht immer der Fall war“, sagt der 25-Jährige im Gespräch mit Transfermarkt.
Torunarigha absolvierte wettbewerbsübergreifend 45 Partien, zehn davon auf internationaler Ebene, und steuerte je drei Tore sowie Vorlagen bei. Zum Vergleich: Zuvor lag sein persönlicher Bestwert bei 22 Spielen als Profi in einer Saison, aufgestellt 2021/22, als er die Hinrunde bei Hertha verbrachte und anschließend nach Gent verliehen wurde. Im vergangenen Sommer verpflichteten die „Büffel“ Torunarigha fest für 3 Millionen Euro Ablöse und machten ihn zu einem der teuersten Einkäufe der Vereinsgeschichte.
„Bei Hertha ging die Saison schneller vorbei, weil ich nicht regelmäßig von Beginn an gespielt habe. Aber dieses Mal hat es sich lang angefühlt und Spaß gemacht“, meint der Linksfuß. Durch die vielen Einsätze sei es natürlich eine größere Belastung gewesen, dennoch fühle er sich mit Blick auf seine Fitness richtig gut. In Berlin hatte Torunarigha immer wieder mit Ausfällen zu kämpfen gehabt und verpasste in seinen sechs Jahren als Profi insgesamt 34 Spiele. Auch in dieser Saison blieb er vom Verletzungspech nicht komplett verschont, dennoch waren es lediglich kleine Blessuren oder Vorsichtsmaßnahmen, aufgrund derer er achtmal nicht im Kader stand. Torunarigha sagt: „Ich achte durch Ernährungsumstellung und zusätzliches Training besser auf meinen Körper, um topfit zu sein. Beispielweise trinke ich viel mehr Wasser, das hilft.“
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Zahlreiche Ausfälle im Team sieht der Defensivspezialist als Grund für das nicht zufriedenstellende Abschneiden in dieser Saison. „Wir hatten großes Verletzungspech“. Manchmal seien sie auf dem Platz nur zu zwölft gewesen. Gent verpasste in der regulären Saison das Ziel Meisterrunde, stattdessen ging es wie im Vorjahr in die Playoffs um eine Europapokal-Teilnahme – in dieser wurde das Ticket für die Conference League souverän gelöst. „Die Saison war in Ordnung, aber wir hätten es besser machen können. Es war immer ein Auf und Ab, wir haben zu oft unentschieden (9-mal; d. Red.) gespielt“, sagt Torunarigha.
Torunarigha über Hertha-Zeit: „Hatte nicht die Chance, mich richtig zeigen zu können“
Über sich selbst sagt er: „Ich würde behaupten, dass ich die ganze Zeit hier in Gent auf einem guten Niveau gespielt habe. Ich habe ja auch bei Hertha gezeigt, dass ich in der Bundesliga spielen kann. Davon bin ich absolut überzeugt. Ich hatte damals nicht wirklich die Chance, mich richtig dauerhaft zeigen zu können. Bei Gent zeigt man mir gegenüber eine wirklich hohe Wertschätzung und man sieht mich als ganz wichtigen Teil der Mannschaft sowie als Führungsspieler auf dem Feld.“
Der gebürtige Chemnitzer ist sich sicher, dass der Wechsel nach Gent die richtige Entscheidung war: „Ich bin vermeintlich einen Schritt zurückgegangen, so aber definitiv einige nach vorne gekommen und habe mich durch die vielen Minuten und das große Vertrauen in mich weiterentwickelt.“ Die Erfahrung in Belgien sei gut, „um auch mal zu sehen, wie die Vereine im Ausland arbeiten“. Torunarigha betont: „Auch wenn die Liga nicht so attraktiv scheint wie eine Top-5-Liga, würde ich jedem jungen Spieler zu einem Wechsel nach Belgien raten. Es könnte ein Sprungbrett sein, hier sind viele gute Spieler unterwegs.“
Bei seinem Wechsel unterzeichnete Torunarigha einen Vertrag bis 2025. Dass es für ihn eines Tages wieder in eine Top-5-Liga gehen soll, ist klar: „Ich will weiter an diese Saison anknüpfen, mich weiter verbessern und sicher irgendwann mal auf einem höheren Level spielen. Natürlich habe ich Ziele für meine Karriere, die ich erreichen will. Dafür arbeite ich täglich.“ Früher hatte sich der 1,91 Meter große Verteidiger Ziele wie die Teilnahme an der Champions League und Weltmeisterschaft gesetzt, das sieht nun anders aus: „Ich lasse alles etwas mehr auf mich zukommen und lebe im Jetzt, dadurch mache ich mir weniger Stress. Es ist besser, wenn ich nicht im Kopf habe, dass ich bald hier und da spielen muss.“
Mit der Weltmeisterschaft könnte es eines Tages klappen, denn am Montag wurde bekannt, dass Ex-DFB-Junior Torunarigha künftig für die Nationalmannschaft Nigerias auflaufen wird. Seinem Management zufolge wurden die notwendigen Dokumente bei der FIFA eingereicht, für die Länderspiele im September soll er von Trainer José Peseiro erstmals nominiert werden. „Mein Vater (Ojokojo; d. Red.) hat bereits für die nigerianische Nationalmannschaft gespielt, daher macht es mich nun wirklich froh, dass ich in diese Fußstapfen treten kann“, sagt Torunarigha, der mit dem DFB u.a. 2021 an den Olympischen Spielen teilnahm.
Sollte ein Verein ein interessantes Angebot einreichen, sieht Torunarigha dies als „große Chance“ – für sich persönlich, um den „nächsten Schritt“ zu gehen, aber auch für Gent. Den Weg über Gent in die Bundesliga fand u.a. Dorsch, als es ihn 2021 für 7 Mio. Euro nach Augsburg zog. Teuerster Verkauf der Vereinsgeschichte ist Jonathan David, er wechselte 2020 für 27 Mio. Euro in Richtung Lille.
Zwar ist Torunarigha seit anderthalb Jahren nicht mehr bei der Hertha, dennoch ist die Verbundenheit zu seinem langjährigen Klub nach wie vor groß. Dass die Berliner nach zehn Jahren in der Bundesliga abgestiegen sind, ging dem Eigengewächs nah: „Ich habe jedes Spiel zu Hause geguckt. Als Hertha gegen Bochum (33. Spieltag; d. Red.) das Gegentor zum Abstieg kassiert hat, war ich traurig. Ich hätte nie erwartet, dass ein solcher Verein mit diesem Kader absteigt.“ Abzusehen gewesen sei es dennoch. Beispielsweise zu Stürmer Jessic Ngankam pflegt Torunarigha einen guten Kontakt, „ihn habe ich ein wenig trösten müssen“, sagt er. „Er war am Boden zerstört.“ Torunarigha hoffe, „dass Hertha direkt wieder aufsteigt. Es wird schwer, aber wenn sie viele Spieler halten können und zudem mit Talenten arbeiten, dann, glaube ich, werden sie es schaffen.“
