02.06.2023 - 13:30 | Quelle: Transfermarkt.de | Lesedauer: unter 8 Min.
RasenBallsport Leipzig
Alexander Zorniger
Gestern vor 10 Jahren 

Zorniger & Kaiser über RB-Aufstieg in 3. Liga: „Vertrag hatte Champions-League-Klausel“

Vor 10 Jahren: RB Leipzigs Aufstieg in 3. Liga – Zorniger & Kaiser exklusiv
©TM/IMAGO

„Mein Vertrag hatte eine Champions-League-Klausel. Ich glaube, dass das bei allen Spielern, die neu verpflichtet wurden, so war, um die Zielsetzung klarzumachen“, sagt Ex-Leipzig-Trainer Alexander Zorniger über seine Anfänge bei RB im Juli 2012 in der Regionalliga Nordost. Die Sachsen hatten zuvor unter Peter Pacult und Tomas Oral zweimal den Aufstieg in die 3. Liga verpasst und ein weiteres Mal sollte dies nicht passieren. Gestern auf den Tag genau vor zehn Jahren gelang dem damals vier Jahre alten Verein erstmals der Sprung in den Profifußball.



Die „Roten Bullen“ sicherten mit 14 Punkten Vorsprung Platz eins und verloren keines der 30 Spiele. Es folgte eine Aufstiegsrunde, an der die Meister aus dem Nordosten (Leipzig), Norden (Kiel), Bayern (1860 II), Westen (Lotte) sowie der Erste und Zweite aus dem Südwesten (Elversberg, Kassel) teilnahmen. Für RB ging es gegen Lotte, das die eigene Staffel ebenfalls dominierte. Nach dem Hinspiel in Leipzig (2:0) sahen die Messestädter wie der sichere Aufsteiger aus, doch im zweiten Duell wurde es nervenaufreibend: Die Sportfreunde erzielten in der 28. Minute das 1:0 und Stürmer Dennis Schmidt war es, der in der vierten Minute der Nachspielzeit das Ergebnis aus dem Hinspiel egalisierte – es ging in die Verlängerung.



„Sicherlich war das ein richtiger Nackenschlag“, erinnert sich Mittelfeldspieler Dominik Kaiser. Es sei „ganz normal, dass die Köpfe kurz runtergehen, wenn du in so einem Spiel noch ein Gegentor kassierst“. Zorniger habe noch vor Augen, wie Kapitän Daniel Frahn, der wegen einer Verletzung am Innenband in beiden Spielen auf der Bank saß, einige Schritte ins Feld machte und seine Mitspieler aufbaute. Auf die Frage, was er seinen Spielern vor der Verlängerung mit auf den Weg gab, sagt der Trainer: „Wir haben mehr gemacht als alle anderen Teams, auch aufgrund der Möglichkeiten. Wir waren fitter als alle anderen Teams. Und jetzt machen wir ein Tor.“


Mitarbeiter
Alexander Zorniger
A. Zorniger Alter: 56
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Alle Saisons -
Alle Wettbewerbe
Spiele
93
Gewonnen
55
Unentschieden
25
Verloren
13


Kaiser erwähnt, dass das Trainerteam in dem Moment „fokussiert“ und „positiv“ aufgetreten sei. „Deshalb haben wir es gepackt“, betont der heute 34-Jährige. Weil beide Mannschaften ihre drei Wechselmöglichkeiten bereits ausgeschöpft hatten, ging es für sie unverändert in die Verlängerung. In dieser benötigte RB keine fünf Minuten, um das 1:2 zu erzielen und wieder mit einem Bein in der 3. Liga zu stehen. Dabei unterlief dem gegnerischen Kapitän Tobias Willers (wechselte zur Saison 2013/14 zu RB) nach einer Hereingabe von Joker Matthias Morys ein Eigentor mit dem Kopf. Die Entscheidung über den Aufstieg fiel in der 110. Minute, als den Leipzigern nach einem Foul von Torwart David Buchholz an Bastian Schulz ein Elfmeter zugesprochen wurde, den Stefan Kutschke verwandelte – schon im Hinspiel hatte er vom Punkt getroffen. „Was da alles abgefallen ist …“, sagt Zorniger über den Moment des Abpfiffs. Ihm war das erleichternde Gefühl anzusehen: die Augen geschlossen, die Hände zu Fäusten geballt und die Arme nach oben gestreckt.


RB Leipzigs Jubel über den Drittliga-Aufstieg 2013.
RB Leipzigs Jubel über den Drittliga-Aufstieg 2013.


Kaiser bezeichnet den Aufstieg in die 3. Liga als den „wahrscheinlich wichtigsten“ der Vereinsgeschichte. Der Schwabe spielte vor seinem Wechsel zu RB bei der TSG Hoffenheim und lief zehnmal in der Bundesliga auf. 600.000 Euro Ablöse kostete er, avancierte damit allerdings nicht zum teuersten Leipziger Einkauf, denn 2010 (ein Jahr nach der Gründung) nahm der Klub für den Erfurter Carsten Kammlott mehr Geld in die Hand – 800.000 Euro. „Vom Gefühl her war es sicher ein großer Rückschritt, von der ersten in die vierte Liga. Aber ich habe mich für die Chance entschieden und im Nachhinein war es der richtige Weg“, sagt Kaiser.


Leistungsdaten
Dominik Kaiser
D. Kaiser Zentrales Mittelfeld
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Gesamte Leistungsdaten
Alle Wettbewerbe
Spiele
167
Tore
34
Vorlagen
35


Über den Aufstiegskader der der Saison 2012/13 meint er: „Von der individuellen Qualität her waren wir sicher eine überdurchschnittliche Regionalliga-Mannschaft. Aber die Spieler haben sich auch mitentwickelt und stetig verbessert, um neue Herausforderungen wie die dritte oder zweite Liga anzunehmen und dort wieder Top-Leistungen zu liefern.“ Das Ziel Aufstieg habe die Spieler „extrem vereint und stark gemacht“, ist sich Kaiser sicher. Zorniger nennt die Mentalität als Schlüssel zum Erfolg: „Man muss nicht darüber sprechen, dass wir eine hohe Qualität hatten. Aber in Lotte, in der Verlängerung, ging es nicht um Qualität, sondern nur um Mentalität. Da hat jede Trainingseinheit, jede Teambuilding-Maßnahme, jedes Gespräch unter den Spielern und jedes Gespräch zwischen Stab und Spieler dazu beitragen, dass du dich gegen die ganzen Widerstände durchsetzen konntest.“ Zudem sagt er: „Die Mannschaft hatte von der Leidenschaft her solch eine Wucht, das war ganz toll.“


Mit Talenten und hohen Ausgaben: RB Leipzigs Weg in die Bundesliga


An dem Team nahm Sportdirektor Ralf Rangnick nach dem Aufstieg Änderungen vor. 13 der 33 Spieler verließen den Verein spätestens bis zum Winter, darunter Rekordeinkauf Kammlott und Kutschke. Verstärkt wurde das Team u.a. mit Talenten wie Yussuf Poulsen und Joshua Kimmich (damals 19 bzw. 18 Jahre alt) für Ausgaben in Höhe von 3 Millionen Euro, was der Top-Wert der 3. Liga war und selbst in der zweiten Liga zu Platz zwei (hinter Köln) gereicht hätte. Leipzigs Kaderwert stieg von 6,75 Mio. auf 10,4 Mio. Euro und wurde nur von den Reserveteams aus Stuttgart und Dortmund überboten. Die Zugänge waren im Schnitt 20,9 Jahre alt und damit so jung wie nie zuvor. RB, genauer gesagt Rangnick, hatte sich zur Aufgabe gemacht, Spieler zwischen 17 und 23 Jahren zu verpflichten – nach dieser Philosophie sollte mehrere Jahre gehandelt und von ihr nur selten Abstand genommen werden.



Weil RB der Durchmarsch in die 2. Bundesliga gelang, wurde der Kader zur Saison 2014/15 erneut umgestellt und weitere Spieler, die bereits in der Regionalliga für den Verein aktiv waren, wurden abgegeben – u.a. Thiago Rockenbach und Timo Röttger. Zudem verließen im Winter auch Clemens Fandrich und Morys den Klub vorerst per Leihe und im darauffolgenden Sommer endgültig. Leipzig investierte für das Ziel Bundesliga mehr als 23 Mio. Euro in neue Spieler und hatte mit Abstand die höchsten Ausgaben im Unterhaus – zum Vergleich: Nürnberg belegte Platz zwei mit 3,9 Mio. Euro. Zur selben Zeit nahmen nur fünf Bundesliga-Vereine mehr Geld in die Hand als RB, das in der zweiten Liga mit Spielern wie Terrence BoydEmil Forsberg und Ante Rebic (beide ab Winter) an den Start ging.


Obwohl der Kaderwert inzwischen bei 33 Mio. Euro lag und damit im Zweitliga-Ranking ganz vorne, reichte es am Saisonende nur zu Platz fünf. Zorniger war da nicht mehr im Amt, denn er musste im Februar 2015 nach insgesamt 953 Tagen (bis heute Leipzigs Top-Wert) gehen. Auf ihn folgte Achim Beierlorzer. Das Abschneiden war für RB Grund genug, um in der Saison 2015/16 die Ausgaben auf 26 Mio. Euro zu schrauben und u.a. Davie Selke, Marcel Halstenberg, Péter GulácsiStefan Ilsanker und Willi Orbán als Zugänge zu präsentieren. Für die langjährigen Stammkräfte Frahn, Niklas Hoheneder, Tim SebastianFabian Franke und Sebastian Heidinger, die RB von der vierten bis in die zweite Liga begleiteten, war dagegen Schluss. Das Leipzig-Team wurde inzwischen auf 41 Mio. Euro taxiert. Die Zweitliga-Meisterschaft ging an den SC Freiburg, Leipzig derweil sicherte sich mit Rangnick an der Seitenlinie den zweiten Aufstiegsplatz und erreichte sieben Jahre nach der Gründung die höchste Spielklasse Deutschlands.



Zum Bundesliga-Kader zählten drei Profis, die für RB schon in der Regionalliga aktiv waren: die Torhüter Fabio Coltorti und Benjamin Bellot sowie Kaiser. Coltorti und Bellot waren allerdings nur Back-ups. Erstgenannter stand im April 2017 gegen Darmstadt (4:0) das einzige Mal im Oberhaus zwischen den Pfosten, ehe er im Jahr darauf seine Karriere beendete. Bellot wurde in Leipzigs erster Bundesliga-Saison ausschließlich in der Reserve eingesetzt und verließ den Klub im Anschluss nach acht Jahren – er war bereits im Gründungsjahr 2009 Teil des Teams.


Dominik Kaiser unter RB Leipzigs Rekordspielern: „Vorbild für jeden Profi“


Die Konstante schlechthin war Kaiser, der in seiner letzten Leipzig-Saison 2017/18 die Premieren auf internationaler Bühne in der Champions League und Europa League miterlebte. „Domme hatte ein hohes Maß an Talent und verstand das Spiel, aber er war anfangs kein überragender Regionalliga-Spieler und so sah es auch in der dritten, zweiten und ersten Liga aus. Aber wie er sich an jede Liga gewöhnt hat, das macht ihn zu einem Vorbild für jeden Profi“, sagt Zorniger über seinen langjährigen Schützling, mit dem er auch beim Amateurklub 1. FC Normannia Gmünd und dänischen Erstligisten Bröndby IF zusammenarbeitete. „Mit ihm konnten sich alle identifizieren. Er ist ein toller Mensch und war ein toller Fußballer“, meint der heutige Trainer vom Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth und ergänzt: „Wenn mein Sohn irgendwann im menschlichen Bereich wie Domme werden sollte, dann habe ich in der Erziehung alles richtig gemacht.“



Kaisers Zeit in Leipzig startete 2012 in der Regionalliga Nordost mit einem 1:1 gegen Union Berlin II und endete sechs Jahre später mit einem 4:1 gegen den VfL Wolfsburg in der Bundesliga – es war Partie Nummer 167 für den gebürtigen Mutlanger, der im Rekordspieler-Ranking Platz 13 belegt. In diesem Zeitraum stieg Leipzigs Kaderwert auf 373 Mio. Euro – inzwischen stehen 487 Mio. Euro zu Buche. Bis auf die Red Bull Arena als Heimspielstätte ist von den Regionalliga-Jahren bei RB quasi gar nichts mehr zu spüren.



Was bleibt, ist laut Kaiser und Zorniger der Zusammenhalt aus der Saison 2012/13. „Durch den Aufstieg sind wir noch enger zusammengerückt, das ist eine besondere Verbindung. Die Relegation und gerade das Spiel in Lotte haben uns geprägt. Ich erinnere mich immer gerne an die Jungs zurück und treffe sie immer noch sehr, sehr gerne. Es war eine besondere Zeit und wir ein cooler Haufen“, meint Kaiser. Zorniger pflegt ihm bei: „Das hat uns für das gesamte Leben zusammengeschweißt. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, da schreibe ich rein, wenn ich in Leipzig bin und dann treffe ich immer mal ein paar.“

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Noriswolf 1.FC Nürnberg Noriswolf 04.06.2023 - 14:16
ich finde es durchaus unterhaltsam, wie in dem artikel jedes vereinsjahr bzw. die entwicklung des vereins damit zusammengefasst wird "und im nächsten jahr haben wir dann nochmal mehr geld ausgegeben und am ende konnten wir erfolg xy feiern"

genau so stelle ich mir die vereinsgeschichte eines fußballvereins vor smile
RndBvBfan Borussia Dortmund RndBvBfan 03.06.2023 - 22:24
Seit dem es RB gibt nehmen die weniger Geld ein, als sie ausgeben. Solche Vereine dürfte es nicht geben. Da spielt gute Arbeit keine Rolle.
DerBlob VfB Stuttgart DerBlob 03.06.2023 - 13:12
Zitat von BabaJohannes

Zitat von Pongeru

Alleine mit den Ausgaben in der 1. Zweitligasaison (alleine Forsberg kostete im Winter 5,5 Mio. und schaffte sensationelle 0 Scorerpunkte) wäre jeder normale Verein bei ausbleibendem Erfolg insolvent gegangen. Bei RB ging es logischerweise normal weiter.

AbEr DiE lEiStEn jA sO ToLlE aRbEiT!!!


Es ist aber trzdem tolle Arbeit, Geld alleine schießt keine Tore. Siehe die Hertha, Schalke oder den HSV an alle sehr viel Geld ausgegeben alle nächstes Jahr 2 Liga. Und auch wenn die Spieler viel Geld gekostet haben, einige davon haben sich mit dem Verein von 2 Liga bis in die CL entwickelt. Man kann ja Kritik äußern aber man kann doch nicht sagen das es keine tolle Arbeit ist nur weil sie mehr Geld haben


Die Arbeit ist gut, keine Frage. Aber sie wird durch das Konstrukt RB so massiv vereinfacht, dass es den Wettbewerb ein gutes Stück verzerrt.
RB hat nicht nur als junger Verein schlanke Strukturen ohne Altlasten und Ehemalige, die Unruhe rein bringen. Sie schotten sich zudem durch absurd hohe Mitgliedsbeschränkungen und -Beträge ab (siehe hier https://www.saechsische.de/plus/warum-es-fast-unmoeglich-ist-mitglied-bei-rb-zu-werden-5071901.html ), sodass ein elitärer Zirkel entscheiden kann. Erwähnt seien auch noch die Vorteile durch die ähnlich aufgebauten Schwestervereine, auf die ich hier nicht näher eingehen.

Zuletzt die IMO wichtigsten Faktoren: Geld und Risiko. Für RB (und auch Hoffenheim) besteht kaum ein Zusammenhang von Geld und sportlichem Erfolg. Geht eine Saison oder auch zwei in die Hose macht das nichts, selbst ein Abstieg oder damals weitere verpasste Aufstiege wären finanziell und strukturell vollkommen egal - Sponsor / Mäzen richten das schon und selbst die Personen können aus o.g. Gründen in Ruhe weiter arbeiten. So können diese Vereine viel größeres Risiko fahren als "klassisch" finanzierte, existenzbedrohend wäre nur die (absehbar unrealistische) Pleite des Sponsors. Das erleichtert sowohl große Transfers als auch ermöglicht es die generelle Ausrichtung auf aufstrebende Toptalente und ein sehr junges Team.

Konkretes Beispiel, was dieses Risiko für andere Vereine bedeutet: hier auf TM gibt es immer wieder Rückschauen auf Beinahe-Transfers. Fast immer wird dabei das Beispiel "Ronaldo zum VfB" genannt (der Brasilianer, nicht CR). In den 90ern stand dieser Wechsel kurz bevor und ALLE sportlich Verantwortlichen des Vereins waren von ihm ob seiner Fähigkeiten begeistert. Dem Verein war dir Ablöse und damit das Risiko aber zu groß. Was, wenn er floppte? Wenn er sich gar schwerer verletzt? Wenn die damals sehr hohe Summe von 10(?)Mio DM einfach verpufft? Meist lohnt sich ein solches Risiko, wird aber auf Grund der möglicherweise verheerenden Konsequenzen dann doch nicht auf sich genommen. Und genau diese Konsequenzen hat RB nicht zu befürchten.

Aus diesen Gründen ist es mir nicht möglich, die durchaus gute Arbeit als solche zu honorieren, und ziehe jeden anderem Verein diesem Konstrukt vor.
Autor
p_martin
Pascal Martin
TM-Username: p_martin

Redakteur | seit 2021 bei TM

Alle Beiträge des Autors
Dominik Kaiser
Karriereende
Dominik Kaiser
Geb./Alter:
16.09.1988 (35)
Nat.:  Deutschland
Akt. Verein:
Karriereende
Vertrag bis:
-
Position:
Zentrales Mittelfeld
Marktwert:
-
Alexander Zorniger
SpVgg Greuther Fürth
Alexander Zorniger
Geb./Alter:
08.10.1967 (56)
Nat.:  Deutschland
Akt. Verein:
SpVgg Greuther Fürth
Aktuelle Funktion:
Trainer
Vertrag bis:
30.06.2026
Im Amt seit:
24.10.2022
RasenBallsport Leipzig
Gesamtmarktwert:
496,90 Mio. €
Wettbewerb:
Bundesliga
Tabellenstand:
4.
Trainer:
Marco Rose
Kadergröße:
24
Letzter Transfer:
Eljif Elmas